Vietnam: Kampf um Kirchengut geht weiter



500 Polizisten und militante Jugendliche gingen auf Katholiken los, die eine Mahnwache auf beschlagnahmtem Kirchengelände hielten.

Hanoi/Frankfurt (kath.net/igfm) Rund 500 Polizisten und militante Mitglieder des kommunistischen Jugendverbandes Ho Chi Minh griffen in der Nacht auf Montag Katholiken an, die seit neun Monaten für die Rückgabe des Kircheneigentums demonstrierten. Das meldet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM).

Die Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam hat das kirchliche Eigentum konfisziert und will es für kommerzielle Zwecke nutzen. Bei der Gewaltaktion wurden religiöse Bilder, Altäre, Statuen und Kreuze zerstört, ältere Katholiken brutal geschlagen, Priester bespuckt. Eine Gruppe kommunistischer Jugendlicher forderte die Tötung von Erzbischof Kiet.

Gegen den Willen der Katholischen Kirche Vietnams hatten vietnamesische Behörden in Hanoi bereits am Freitag mit Umbaumaßnahmen auf dem Gelände der ehemaligen Nuntiatur begonnen.

Die Lage hatte sich in den letzten Tagen zugespitzt, als die Behörden der Kirchenleitung mit Strafanzeigen drohten, acht Katholiken inhaftiert und die Zugänge des Bischofssitzes versperrt wurden.

Seit Jahren fordert die Katholische Kirche in Vietnam die Rückgabe des Kirchengeländes in Thai Ha und der ehemaligen Nuntiatur in Hanoi, die in den sechziger Jahren von der kommunistischen Regierung enteignet wurden.

Die katholische Kirche betonte, dass sie nur solche konfiszierten Grundstücke und Gebäude zurückfordere, die momentan nicht für gemeinnützige, sondern für kommerzielle Zwecke benutzt würden.

Seit Ende 2007 versammelten sich täglich bis zu zehntausend Katholiken auf zwei umstrittenen Geländen in Hanoi, um der Rückgabeforderung ihres Erzbischofs Ngo Quang Kiet Nachdruck zu verleihen. Mit ihren friedlichen gemeinsamen Gebetsstunden glaubten die Katholiken, eine Versammlungsform gefunden zu haben, die mit den streng reglementierten Versammlungs- und Religionsgesetzen in dem kommunistischen Land konform sei.

Um Mitternacht am Sonntag griffen rund 500 Polizisten und militante Mitglieder des kommunistischen „Ho Chi Minh-Jugendverbands“ das Kloster des Redemptoristen-Ordens in Thai Ha an. Augenzeugen zufolge umzingelte eine Gruppe das Kloster und skandierte „Tötet Erzbischof Kiet und Pater Phung (Abt)“.

Die Redemptoristen fühlten sich bedroht und verbarrikadierten sich im Kloster. Eine andere Gruppe zerstörte Zelte, Altäre, religiöse Bilder, Statuen und Kreuze auf dem benachbarten Gelände, wo die Katholiken seit neun Monaten ausharrten. Ältere Katholiken, die das Gelände nachts überwachten, wurden brutal zusammengeschlagen.

Die Priester riefen die Gläubigen auf, die Mahnwache aufzulösen, um eine weitere Konfrontation zu vermeiden. Am Abend davor hatten die militanten Jugendlichen bereits die Priester beschimpft, angespuckt und mit Handgreiflichkeit provoziert. Am frühen Montagmorgen gegen 4 Uhr Ortszeit hatte die Polizei ihre Aktion in Thai Ha weitgehend abgeschlossen. Dort herrscht jetzt eine bedrückte Ruhe.

Als die vietnamesischen Behörden am Freitag mit dem Umbau des Geländes der ehemaligen Nuntiatur in Hanoi begonnen, wurde das gesamte Gelände des Erzbischofssitzes gesperrt. Priester und Schwestern, die darin wohnen, können nicht mehr frei ein- und ausgehen.

Erzbischof Ngo Quang Kiet war völlig überrascht von dieser Aktion, weil seine Kirche sich seit Anfang Februar 2008 unter Vermittlung des Vatikans in Verhandlungen mit der Regierung befindet.

Von Mitte Dezember 2007 bis Ende Januar 2008 hatten sich täglich mehrere Katholiken in Hanoi auf dem Nuntiatur-Gelände zum gemeinsamen Gebet versammelt. Ende Januar rief der Vatikan die Katholische Kirche Vietnams auf, dem Weg des Dialogs zu folgen und ihn nicht durch Versammlungen stören zu lassen.

Die Katholiken stellten damals ihre Mahnwache ein im Glauben, dass die ehemalige Nuntiatur im Rahmen der stillen Diplomatie zurückgegeben würde. Nachdem der Erzbischof Anfang September 2008 öffentlich zugab, dass der Dialog um die Nuntiatur seit acht Monaten stockte, gab es gelegentlich wieder große Versammlungen vor der Nuntiatur.

Am Sonntag meldete die staatliche Presse in Vietnam, dass das Volkskomitee von Hanoi in einem Schreiben den Erzbischof offiziell ermahnt habe. Falls er seine gesetzwidrigen Aktivitäten nicht einstellen sollte, würde er strafrechtlich belangt. In dem Schreiben wurde der Erzbischof wegen seiner Interviews, seiner Schreiben in ausländischen Medien, der Besuche in Thai Ha und seiner Petition an die Staatsführung angegriffen.

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