Menschenrechtsorganisation spricht von "brachialer Staatsgewalt"DA NANG, Vietnam/ FRANKFURT, 26. Oktober 2010 (ZENIT.org). - Tausende Katholiken haben sich am Sonntag vor einem Redemptoristenkloster in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi zu einer Gebetskundgebung versammelt - aus Solidarität mit sieben katholischen Glaubensbrüdern, die sich ab Mittwoch wegen angeblicher Störung der öffentlichen Ordnung vor Gericht verantworten müssen. Wenige Tage vor Prozessbeginn haben die Angeklagten nicht einmal einen Verteidiger. Am Freitag wurde den beiden Anwälten, Duong Ha and Cu Huy Ha Vu, die die seit 4. Mai Inhaftierten vertreten wollten, die Verteidigung untersagt.

Der Bischof von Da Nang, Joseph Chau Ngoc Tri, zu dessen Bistum die sieben Katholiken gehören, schilderte die Vorgänge bereits am 6. Mai als „Menschenjagd". Der Vorsitzende der neu eingerichteten „Komission Justitia et Pax", Bischof Nguyen Thai Hop, appellierte an die vietnamesischen Behörden unter, den Prozess zu vertagen und faire Prozessbedingungen zu schaffen. Der Bischof kritisierte auch, dass die Regierung sich in eine Angelegenheit eingemischt habe, die anfangs nur die Bürger und ein privates Unternehmen betraf.

Den sieben angeklagten Katholiken - fünf Männer: Doan Cang (45 Jahre), Le Thanh Lam (31), Nguyen Huu Liem (47), Nguyen Huu Minh (46), Tran Thanh Viet (39) und zwei Frauen: Nguyen Thi The (50) und Phan Thi Nhan (45) - wird vorgeworfen, sie hätten ein verstorbenes Gemeindemitglied am 4. Mai auf ihrem Friedhof bestatten wollen, als das Areal von den Behörden bereits beschlagnahmt war. (ZENIT berichtete.) Damals hatten Polizei und Milizen mit brutaler Gewalt die Trauerprozession auseinandergejagt und den Sarg mit der Toten beschlagnahmt. Rund 70 Personen wurden verhaftet und gefoltert, der leitende Sargträger Nguyen Thanh Nam zu Tode geprügelt. In der Anklage, die der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Frankfurt am Main vorliegt, wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vor, Beamte „tätlich angegriffen und beleidigt" zu haben.

Beobachter, so auch die IGFM, die von Anwendung "brachialer Staatsgewalt" spricht, zweifeln am Wahrheitsgehalt dieses Vorwurfs, der mit verschiedenen Ungereimtheiten verbunden ist: Laut der in der Anklageschrift aufgestellten Behauptung der Staatsanwaltschaft verzichteten die angeblich verletzten Beamten auf medizinische Gutachten und Klage gegen die angeblichen Täter. Auch sei keine Forderung nach Entschädigung für die angebliche Beschädigung eines Polizeiwagens, der den beschlagnahmten Sarg wegtransportiert hat, erhoben worden.

Die Familien der Angeklagten sind Drohungen und Einschüchterung seitens der Polizei ausgesetzt. Nicht nur die Kirche, auch deutsche Politiker sind inzwischen alarmiert: Mitglieder des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Christoph Strässer (SPD), Wolfgang Gunkel (SPD) und Volkmar Klein (CDU), appellieren an den vietnamesischen Premierminister, die Katholiken unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Zudem riefen die drei Bundestagsabgeordneten Vietnam auf, den Vorfall in Con Dau vollständig aufzuklären, in dem es einen Toten, acht Inhaftierungen, Hunderte Fälle von Folter, eine sehr hohe Zahl von Verletzten und Dutzende von Vertriebenen gab. Die gewaltsame und willkürliche Enteignung der katholischen Gemeinde Con Dau zwecks Errichtung einer ökologischen Touristen- und Wohnanlage hat die IGFM prangert die IGFM nach Prüfung der Fälle ab Ende August an. Jetzt wollen die Menschenrechtler erreichen, dass EU-Botschaften in Vietnam Beobachter zu dem Prozess entsenden. (mk)

(Source: http://www.zenit.org/article-21685?l=german)